Annika Schüler
Manufaktur - Porzellan
München - Westen
Feine Linien und zarte Formen sind charakteristisch für die Unikate von Keramikmeisterin Annika Schüler, die sich im Münchner Westen eine lichtdurchflutete Werkstatt in einer ehemaligen Garage eingerichtet hat und im angeschlossenen Laden ihre wunderschönen Produkte verkauft. Mit Annika haben wir uns über ihre Leidenschaft unterhalten, ihre Inspirationsquellen und warum sie sich im Münchner Westen so wohlfühlt.

Interview mit Annika Schüler
Wie bist Du zum Töpfern gekommen?
Ich habe zuerst die Ausbildung zur Keramikerin gemacht und anschließend die Meisterschule besucht. Dann bin ich nach Aachen gezogen, um dort Handwerksgestaltung und Design zu studieren. Aber immer wieder hat es mich zurück zur handwerklichen Keramik gezogen! Mich faszinieren die unendlichen Möglichkeiten. Ich bin ein neugieriger Mensch – 50 Jahre dieselben Serien zu drehen oder Glasuren zu benutzen, befriedigt mich nicht, dafür ist der Bereich „Keramik“ zu vielseitig. In letzter Zeit bewege ich mich etwas weg von der funktionalen Keramik hin zur Objektarbeit. Ich möchte freier arbeiten, ohne einen direkten Bezug zum Gebrauchswert. Leider muss oft noch das Wirtschaftliche im Vordergrund stehen.

Du arbeitest mit englischem Porzellan. Was ist das Besondere daran?
Es eignet sich für meine Arbeit an der Drehscheibe am besten, die französischen Porzellane sind mir zu plastisch und weich. Das Gefühl während des Verarbeitens und die Farben müssen stimmen, dann kommen die Ideen von alleine. Das Porzellan ist viel weißer als Ton – hell, freundlich, die perfekte Basis, mit der alles möglich ist. Ich arbeite auch mit blauem und schwarzem Porzellan aus Spanien, sehr anspruchsvoll in der Verarbeitung, aber die Farbe ist so intensiv, dass ich mich gerne der Herausforderung stelle!
Was macht Dir an Deiner Arbeit besonders viel Freude?
Ich liebe es zu sehen, wie meine Stücke Schritt für Schritt entstehen. Ich wähle die Form, ich gebe dem Material Sinn. Durch das Brennen und die Auswahl der Glasur und der Farben entscheide ich, welchen Charakter das Stück bekommen soll. Und wenn ich es dann nach dem zweiten Brand fertig aus dem Ofen hole, ist da eine tiefe Zufriedenheit. Keramik bedeutet Kultur für mich – eine lange und sehr beständige Kultur. Keramik ist so ein altes Material und jede Zeit hat damit etwas anfangen können. Das alleine ist doch schon wahnsinnig spannend!
Woher beziehst Du Deine Inspiration?
Aus den Werken anderer Künstlerinnen und Künstler zum Beispiel, aber auch ein Ausflug in die Berge oder eine Reise in eine fremde Stadt, Begegnungen und Gespräche mit anderen Menschen können sehr inspirierend sein. Eigentlich ist Inspiration allgegenwärtig …
Welche drei Dinge müssen immer in Deiner Nähe sein?
In der Werkstatt sind es Wasser, meine Hände, ein Hörbuch. Ansonsten würde ich sagen: Essen, Wein und meine liebsten Menschen!
Wie sieht Dein Tag aus?
Manche Tage sind ruhig, ich produziere bestellte Stücke und sitze den ganzen Tag an der Drehscheibe. Andere Tage sind gefühlt viel zu kurz, ich erledige Bürokram, führe Telefonate, bespreche mit meiner Grafikerin wie der neue Flyer aussehen soll, fahre zur Post, habe Termine oder ich schreibe wie jetzt um 19:44 Uhr noch diesen Text. Als Unternehmerin ist jeder Tag anders. Es ist Freud und Leid zugleich. Ich bin mir meiner Leistung und Organisation positiv bewusst, aber auch getrieben, immer besser zu werden.

Was magst Du am Münchner Westen?
Das Münchner Westend! Ich wohne und arbeite hier, daher habe ich dieses Viertel mit seinen Menschen, Läden, Cafés und Parks kennen und lieben gelernt.
Und hast Du noch andere Lieblingsplätze in oder um München?
Ich mag den „HIER Store“ ganz besonders – konzeptioniert und umgesetzt von Stephanie Kahnau. Als Textildesignerin entwirft und produziert sie dort ihre Mode-Linien. Gemeinsam haben wir „Shelter in the White“ für das Maximilliansforum München kreiert. Ich schätze Stephanie von ganzem Herzen für ihre nie versiegende Energie, ihre Ideen und die Klarheit und Ruhe, die sie ausstrahlt.
Im Bereich Theater und Kunst sind zwei freie Theater meine Lieblingsorte – das „Hoch X“ und das „TAMS“. Beide haben sehr unterschiedliche Konzepte, die individuell, innovativ und überraschend sind.
Als Ausflugsziel im Bereich Kunst kann ich die Skulptur Lichtung in Valley, südlich von München empfehlen. Ganzjährig zugänglich, kann man hier die Steinskulpturen und Installationen bewundern, die in den von Christiane Ahlhelm & Tobel veranstalteten internationalen Steinbildhauer-Symposien entstehen. Im Sommer kann man dort live den Künstlerinnen und Künstlern bei der Arbeit zuschauen.
Begonnen hat meine selbstständige Laufbahn mit meiner Freundin Claudia Lassner. Sie betreibt in München ihr Schmucklabel „Cocii“. Wir haben uns auf Anhieb verstanden und 2008 relativ schnell ein gemeinsames Atelier mit Verkaufs – und Ausstellungsraum in Schwabing bezogen. In sechs Jahren sind viele gemeinsame Ideen gesponnen worden, doch erst in diesem Jahr haben wir anlässlich ihres Jubiläums Schmuckschalen entworfen, die ich gedreht habe. Eine leidenschaftliche Frau und eine tolle Schmuckdesignerin!

In Sachen Genuss liegt „Das Kulinariat“ ganz vorne. Ich durfte für Steffi und Josch eine Geschirrlinie entwerfen – das erste Restaurant vollständig ausgestattet mit Geschirr aus meinen Händen. Leider kam zum Zeitpunkt der Neueröffnung der erste Lockdown. Ich bewundere die beiden sehr, dass sie den Kopf nicht hängen lassen. Sie sind ein wunderbarer Zugewinn für Herz und Gaumen – und das Viertel!
Und wo kann man Deine Produkte kaufen?
Bei mir vor Ort in der Werkstatt – momentan noch mit Termin und Maske. Und in ein paar ausgesuchten Läden in München: Bei der lieben Phaedra im „A happy place“ im Westend und in Haidhausen im „HIER Store“ sowie im „Allerhand“ in der Maxvorstadt. Außerdem findet man ausgewählte Stücke von mir in Leipzig im „Tschau Tschüssi“, welches liebevoll betrieben wird von Miriam Paulsen.
Tipps von Annika
Annika liebt den „HIER Store“ ihrer Freundin Stephanie Kahnau in Haidhausen und „Das Kulinariat“.